BGH zur Untreue bei Darlehen – BGH, Beschl. v. 30.1.2024 − 4 StR 191/23 (LG Dortmund)
1. BGH zur Untreue bei Darlehen
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt klar, dass ein gewöhnlicher Darlehensvertrag keine Vermögensbetreuungspflicht des Darlehensnehmers gegenüber dem Darlehensgeber begründet. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn ein zweckgebundenes Darlehen mit geschäftsbesorgungsähnlichem Charakter vorliegt, das vorrangig dem Schutz der Vermögensinteressen des Darlehensgebers dient.
2. Voraussetzungen für eine Vermögensbetreuungspflicht
Eine solche Pflicht entsteht nur dann, wenn:
- der Vertrag nicht nur eine Kapitalüberlassung, sondern eine fremdnützige Vermögenssorge vorsieht;
- diese Pflicht wesentlicher Vertragsinhalt ist;
- und nicht lediglich der Zweck des Darlehens eine Investitionsabsicht darstellt.
Vertragliche Zweckbindungen müssen aus ausdrücklichen Vereinbarungen oder schlüssigen Umständen hervorgehen, bloße Mitteilungen oder Exposés reichen nicht aus.
3. Fall A-GmbH: Sachverhalt und Instanzentscheidung
Im entschiedenen Fall wurde einem Angeklagten vorgeworfen, als faktischer Geschäftsführer der A-GmbH Anlegergelder aus sogenannten „zertifizierten Nachrangdarlehen“ zweckwidrig und für private Zwecke verwendet zu haben. Das Landgericht sah darin Untreue zulasten der Anleger, weil es von einer verpflichtenden Zweckbindung ausging.
4. Revision erfolgreich: BGH hebt Verurteilung auf
Der BGH hob die Verurteilung auf, weil:
- das LG nicht ausreichend dargelegt hatte, dass eine Vermögensbetreuungspflicht bestand;
- keine ausreichenden Feststellungen zur vertraglichen Zweckbindung getroffen wurden;
- und auch kein konkreter Vermögensnachteil der Anleger durch die Mittelverwendung bei der Au-AG in Liechtenstein festgestellt wurde.
Die bloße Tatsache, dass Mittel bei der Au-AG aus früheren Anlegergeldern stammten, reichte nicht zur Begründung eines Nachteils aus.
5. Fazit
- In Vertragsverhältnissen wie Darlehen besteht grundsätzlich keine Pflicht zur fremdnützigen Vermögenssorge.
- Eine Ausnahme liegt nur vor, wenn der Vertrag über die bloße Kapitalnutzung hinausgeht, z. B. wenn der Darlehensnehmer für den Geber investiert.
- Die wirtschaftliche Nähe zu Kapitalanlageprodukten könnte im konkreten Fall zur Neubewertung führen, da dann eine fremdnützige Zweckverfolgung denkbar wäre.
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